Inspiration
Inspiration = schöpferischer Einfall, Idee, Anregung
Wenn ich behaupte, dass die Inspiration eines der Basiselemente für Innovationen ist, dann beanspruche ich damit nicht die wissenschaftlich vollständige Definition von Inspiration. Vielmehr will ich den Begriff pragmatisch nutzen und die verschiedenen Formen von "neuem Denken" anwenden. Letztlich ist es für die wirtschaftlich erfolgreiche Nutzung einer bahnbrechenden Idee unerheblich, auf welchem Wege sie entstand.
Ihnen soll deutlich werden, dass Ideen auf verschiedene Arten entstehen. Allen Methoden gemeinsam ist aus meiner Sicht, dass sich der Mensch neuem Denken und neuen Sichtweisen gegenüber aufgeschlossen verhält. Dadurch öffnet sich ihm eine wunderbare Welt neuer, bislang unbekannter Möglichkeiten.
Was ist Kreativität?
Früher dachten die Menschen wie der griechische Philosoph Platon und
machten die göttliche Inspiration (Eingebung) für ihre geistigen
Leistungen verantwortlich. Die Erfahrung einer plötzlichen Einsicht ist
so beeindruckend, dass es nur natürlich ist, nach außergewöhnlichen
Erklärungen zu suchen. Ist es Inspiration? Der Begriff kommt von
inspirare (lat.‚einhauchen') und bedeutet ursprünglich, dass
die Götter dem Menschen ihre Erkenntnis einflößen. Diese Idee
spiegelt die verbreitete Erfahrung wider, nach der die Einsichten scheinbar
aus dem Nichts - wie Blitze aus dem Dunkeln - kommen.
Inspiration ist demnach das Denken auf der Überholspur.
Ebenso rätselhaft wie faszinierend sind die Geistesblitze, die unsere Aufmerksamkeit immer wieder auf sich ziehen. Nur diese ermöglichen uns Spaziergänge auf dem Mond. Ihnen verdanken wir das Penizillin, die musikalische Form der Sonate, Newtons Gesetze, den Impressionismus, Sofortbildkameras, Beethovens Streichquartette und vieles mehr.
Jeder bahnbrechende Geistesblitz, der diesen Namen verdient, ist einen Jubelschrei wert. Die meisten von uns würden wahrscheinlich "Hurra!" sagen, aber wir könnten auch "Heureka!" rufen. Heureka ist ein Wort aus dem Altgriechischen und bedeutet "Ich habe es gefunden!". Es ist bemerkenswert, dass ein 2000 Jahre alter Ausruf aus dem antiken Griechenland überhaupt in Erinnerung geblieben ist. Er stammt von Archimedes, dem griechischen Philosophen und Mathematiker, dem selbst ein Geistesblitz widerfuhr: die Entdeckung des hydrostatischen Prinzips. Die legendäre Geschichte von Archimedes ist so schön und einleuchtend, dass sie durchaus glaubwürdig erscheint.
Was passiert also in unserem Kopf, wenn wir eine zündende Idee haben?
Erst wenn wir verstehen, welche gedanklichen Prozesse unseren Geistesblitzen zugrunde liegen, können wir diese Fähigkeit gezielt zur Lösung von Aufgaben einsetzen.
Psychologen haben die Kreativität und die Fähigkeit des Problemlösens untersucht. Auch Wissenschafts-, Kunsthistoriker und viele andere Wissenschaftler haben sich dieser Frage gewidmet. Bei einem Vergleich aller Untersuchungen trifft man häufig auf eine Feststellung: Die Arbeit wird von besonderen geistigen Prozessen erledigt. Diese treten nur ab und zu in Aktion, und vielleicht auch nur bei sehr begabten Personen. Manche Forscher glauben, dass Geistesblitze durch die sogenannte Inkubation entstehen, ein geistiger Mechanismus, der für uns Probleme lösen kann, während wir uns mit ganz alltäglichen Dingen beschäftigen.
Eine andere These lautet: Der Weg, auf dem die Geistesblitze zustande kommen, lässt nicht auf unterschwellige geistige Prozesse schließen, sondern auf die Struktur der Probleme selbst. Viele Probleme sind gewissermaßen ‚vernünftig'. Man kann sie Schritt für Schritt analysieren und lösen. Gewisse Darstellungen aber sind ‚unvernünftig'. Sie eignen sich nicht für ein schrittweises Durchdenken. Man muss sich ihnen über Umwege nähern und auf den Geistesblitz hoffen.
David Perkins hat dafür das Modell der Klondike-Probleme mit der Klondike-Logik zur Lösungsfindung erarbeitet. Er führt alle anderen Ansätze zur Erklärung von geistigen Prozessen, Geistesblitzen und Denken auf der Überholspur darauf zurück.
Für uns ist es ein ‚sowohl als auch'. Denn je nach Kultur, Ausbildung, Erfahrungen und persönlichen Leidenschaften setzt sich jeder von uns mit einer speziellen Art von Problemstrukturen auseinander und versucht, für diese problematischen Situationen Lösungen zu finden. Viele erfolgreiche Erfinder und kreative Menschen haben gelernt, ihre eigenen Ausprägungen von Denkprozessen sowie das Schaffen der richtigen Atmosphäre für Inspiration heraus zu finden. Jeder kann die Grundregeln und die Methoden lernen. Anschließend muss er die für sich richtigen bzw. nützlichen Strukturen entwickeln und in seiner persönlichen Anwendung optimieren.
Deshalb lassen Sie uns also bei dem stark vereinfachten und wahrscheinlich auch irrigen Modell des "Einhauchens durch die Götter" für Inspiration bleiben. Nicht weil wir übernatürliche Kräfte beschwören wollen, sondern weil wir für die tägliche Arbeit nicht tiefgründig nach dem "Warum?", sondern nach dem "Wie?", fragen wollen. Lassen Sie uns Antworten finden, wie Sie Geistesblitze für Innovationen erhalten und wie Sie diese in wirtschaftlichen Erfolg umwandeln.
Ergänzungen zum obigen Text
Die Geschichte von Archimedes
Den Anlass für die
legendäre Entdeckung von Archimedes bot ein königlicher Auftrag.
Hieron II. war der neue Herrscher von Syrakus geworden. Er hielt sich für
einen Günstling der Götter und gab eine goldene Krone in Auftrag,
die er ihnen zum Dank weihen wollte. Hieron stellte das Gold zur Verfügung
und erhielt von den Goldschmieden die Krone. Es kam ihm jedoch zu Ohren, dass
die Schmiede einen Teil des Goldes gestohlen haben. Die Krone wog genauso
viel wie das Gold, das Hieron geliefert hatte, aber vielleicht hatten die
Handwerker etwas Gold durch weniger wertvolles Silber ersetzt? Nicht genug,
um die Farbe zu verändern, aber ausreichend, um einen hübschen Profit
einzustreichen. Da Hieron nicht gewillt war, sich betrügen zu lassen,
bat er Archimedes, der Sache auf den Grund zu gehen und festzustellen, ob
die Krone tatsächlich alles Gold enthielt, das er zur Verfügung
gestellt hatte.
Archimedes wusste, dass Silber nicht die gleiche Dichte aufweist wie Gold.
Wenn die Goldschmiede wirklich einen Teil des Goldes durch einen gleich schweren
Teil Silber ersetzt hätten, müsste das Volumen der Krone größer
sein als vorgegeben. Trotzdem war das Problem nicht leicht zu lösen.
Wie konnte Archimedes das Volumen der Krone bestimmen, wo es sich doch um
einen Gegenstand mit einer höchst unregelmäßigen Form handelte?
Wie konnte er also überprüfen, ob sie verdächtig groß
war?
Über dieses Rätsel grübelnd ging Archimedes ins öffentliche
Badehaus. Als er sich in die Wanne setzte, bemerkte er, dass das Wasser an
den Seiten überlief. Je tiefer er sich hineinsetzte, desto mehr Flüssigkeit
lief heraus.Blitzartig erkannte er: Sein Körper verdrängte genau
das Volumen an Wasser, das er besaß. In gleicher Weise konnte Archimedes,
indem er die Krone in Wasser tauchte, ihr Volumen bestimmen und es mit dem
ursprünglichen Volumen des unverarbeiteten Goldes vergleichen. Die Legende
sagt, dass Archimedes aus der Wanne sprang , nackt durch die Straßen
von Syrakus rannte und "Heureka!" ("Ich habe es gefunden!")
ausrief.
Wie entstehen Geistesblitze?
Häufig entstehen
Erfindungen nicht, Schritt für Schritt, sondern plötzlich. Sie verändern
unsere Welt, gestalten sie um. Geräte, Maschinen, Philosophien, Regierungsformen,
Fortschritte in Industrie, Wissenschaft, Technik und in vielen anderen Gebieten
entstanden nicht durch stetige Verbesserungen, sondern durch beträchtliche
Sprünge über das hinaus, was zuvor bekannt war und benutzt wurde.
Das bedeutet nicht, das ein stärker auf die Verbesserung und Steigerung
des Vorhandenen aufbauendes Denken keinen Beitrag zur Entwicklung unserer
Welt leiste. Ein wesentlicher Teil des kreativen Denkens führt nicht
zu plötzlichen, bahnbrechenden Erkenntnissen, sondern zu wertvollen und
in gewisser Weise auch neuen Ideen und Produkten - aber immer nur innerhalb
eines vorhandenen Rahmens. Wirklich innovativ sind also allein die bahnbrechenden
Geistesblitze. Und deshalb haben wir immer etwas Besonderes vor, wenn wir
uns mit ihnen beschäftigen.
Welche Denkprozesse liegen einem Geistesblitz zugrunde? Im Badehausabenteuer
von Archimedes und in vielen ähnlichen Episoden können wir eine
fünfstufige Struktur erkennen, die etwa so aussieht:
Bahnbrechende Geistesblitze erfordern meistens eine zeitraubende Suche.
Archimedes rang mit der von Hieron gestellten Aufgabe.
Einen Geistesblitz haben wir gewöhnlich dann, wenn wir nahe daran sind
aufzugeben, weil wir keinen oder nur einen geringen Fortschritt erkennen
können. Archimedes überlegte hin und her, bevor er Hierons Auftrag
erfüllen konnte.
Irgendwann tritt ein Ereignis ein, das uns auf die Sprünge hilft. Manchmal
führen äußere Umstände zu solch einem beschleunigenden
Vorkommnis wie das überfließende Wasser in der Badewanne des
Archimedes. Manchmal reicht eine geistige Erkenntnis, zum Beispiel wenn
man eine neue Sicht auf ein Problem gewinnt und einen Propeller nicht als
Schraube, sondern als Flügel begreift.
Geistesblitze kommen schnell, sie sind eine Art ‚Einrasten', ein kognitives
‚Zuschnappen'.Und plötzlich wissen wir: "Das ist es!"
Das ist das klassische "Heureka!"des Archimedes. Es mag sich im
Bruchteil einer Sekunde abspielen, mehrere Minuten oder länger dauern,
aber es ist verglichen mit der Zeit, die dem Geistesblitz vorangeht, relativ
kurz. Danach kann es widerum einige Zeit dauern, die Verästelungen
und vielfältigen Konsequenzen der Idee auszuarbeiten.
Der Geistesblitz beeinflußt die eigene geistige oder physische Welt.
Archimedes hatte vor seinem Bad gewiss kein hydrostatisches Gesetz im Sinn.
Ideen wie das Archimedes Prinzip haben bahnbrechende Auswirkungen, weil
sie die Art verändern, wie wir Menschen der Welt begegnen und in ihr
handeln.
Titel:Geistesblitze
Autor:David Perlins
Kurzbeschreibung
Wie funktionieren Geistesblitze? Ausgehend von spannenden Beispielen aus Naturwissenschaft
und Kulturgeschichte entwickelt David Perkins ein Muster, das innovativen
Denkprozessen zugrunde liegt. Und er zeigt, wie jeder es anwenden kann: Eine
Fülle von Rätseln bietet dem Leser die Möglichkeit zum direkten
Training!Was haben Archimedes, Darwin, Max Planck, die Gebrüder Wright,
Sherlock Holmes oder James Bond gemeinsam? Sie alle hatten in entscheidenden
Momenten eine plötzliche, innovative Idee,...
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